Eine interessante Anzeige schaltete am 15. März 1863 die Schneiderin Felicya Dyament in der polnischen Tageszeitung Nadwiślanin. Sie versichert nämlich nicht nur, ihre Leistungen schnell und genau zu gemäßigten Preisen auszuführen, sondern wendet sich aufgrund ihrer gegenwärtig unglücklichen Lage mit einem patriotischen Appell an ihre verehrten Landsmänner und Landsmänninen.
In der Anzeige heißt es: Obwohl mein Mann, eines Staatsverbrechens angeklagt, derzeit im Gefängnis sitzt, nehme ich, eine Nähmaschine (neuste Erfindung) besitzend, weiterhin sämtliche Bestellungen an. Als ihre Adresse nennt sie das Haus des Glockengießers Schulz an der ul. Toruńska (Thorner Straße) in Culm.
Die Inhaftierung des Ehemannes von Felicya Dyament war eine Folge scharfer Restriktionen der preußischen Regierung, die versuchte, Bestrebungen zu unterbinden, den im russischen Teilungsgebiet ausgebrochenen Aufstand der polnischen Bevölkerung (sog. Januaraufstand) zu unterstützen. Der Verlauf des Aufstands wurde von der polnischen Bevölkerung Culms mit großem Interesse verfolgt. Viele Männer beteiligten sich sogar an den Kämpfen jenseits der russisch-preußischen Grenze. Man sammelte auch Geld und Kleidung für die Aufständischen. Polnische Zeitungen berichteten laufend über die Ereignisse. Die preußische Obrigkeit reagierte auf die sie beunruhigenden Aktivitäten mit harten Maßnahmen. So wurden Redakteure von in Culm erscheinenden Zeitungen zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt. Unter ihnen findet man in der Literatur* den Namen Dyament.
* Biskup, Marian (Hrsg.): Dzieje Chełmna i jego regionu. Zarys monograficzny, Toruń 1968, S. 218