Die erste Fassung dieses Beitrags aus dem Jahr 2012 über das im Oktober 1909 eröffnete Schulgebäude an der Ulica Kościuszki 11 in Chełmno war mit Tadeusz-Kościuszko-Gymnasium überschrieben. Von 1999 bis 2019 befand sich hier nämlich das Gimnazjum nr 2 im. Tadeusza Kościuszki w Chełmnie. Infolge der jüngsten Schulreform ist hier jetzt (wieder) eine Grundschule untergebracht.
In Polen bezeichnete man seit der Schulreform 1999 als Gymnasium eine die Klassenstufen 7 bis 9 umfassende Schule, die sich direkt an die vor sechsjährige Grundschule anschloss und von allen Schülerinnen und Schülern besucht wurde. Danach (ab der 10. Klasse) konnte man seine schulische Ausbildung entweder an einer Berufsschule oder einem Lyzeum, das durch die Möglichkeit, das Abitur (Matura) abzulegen, einem Gymnasium in Deutschland ähnelt, fortsetzen. Durch die Schulreform 2019 sind die Grundschulen in Polen achtklassig, werden also zwei Jahre länger besucht. Danach erfolgt der Wechsel zu einer weiterführenden Schule. Das Gymnasium als Zwischenstufe wurde abgeschafft.
Vor der Schulreform 1999 befand sich in diesem Gebäude die Grundschule Nr. 3, die 1978 nach dem polnischen Nationalhelden Tadeusz Kościuszko benannt worden war.
Zur preußischen Zeit war es Sitz der städtischen Realschule und in den Zwischenkriegsjahren einer weiterführenden Schule für Mädchen. Während der nationalsozialistischen Besatzung der Stadt von 1939-1945 war hier die Hermann-Löns-Oberschule untergebracht.
2008 wurde der Schulhof an der Ulica Krótka neu gestaltet. Unter anderem ist ein kleiner Sportplatz mit Kunstrasenbelag angelegt worden.
Unmittelbar neben der Schule steht das 2003 gebaute städtische Hallenbad. Sein Schwimmbecken hat eine Länge von 25 m und eine Breite von 12,5 m. Die Wassertiefe beträgt 1,20 – 1,80 m. Da es sich um das einzige Schwimmbad im Landkreis handelt, wird es wird von Schulen und Vereinen intensiv genutzt.
Blick auf das Schulgebäude (gegenwärtig Grundschule Nr. 1) mit Sporthalle und Hallenbad aus südwestlicher Richtung.
Baugeschichte
Im Zentralblatt der Bauverwaltung Nr. 64 aus dem Jahr 1910 befinden sich ausführliche Informationen über das damals gerade erst errichtete Schulgebäude samt Lageplan, vereinfachten Grundrissen und Abbildungen. Die Beschreibung unter der Überschrift „Der Neubau der Königlichen Realschule in Kulm i. Westpr. “ lautet:
„Das für den Neubau gewählte Gelände liegt in der außerhalb der alten Stadtmauer gelegenen Graudenzer Vorstadt (vgl. Abb. 1). Die bevorzugte Lage des Bauplatzes am oberen Rande des zur Weichselniederung abfallenden Höhenzuges führte zu einer auf malerische Wirkung hinzielenden Grundrißanordnung, bei der die Wohnung des Direktors in einem besonderen, mit dem Klassengebäude jedoch in unmittelbarer Verbindung stehenden Haus untergebracht ist. Von der Errichtung einer Turnhalle ist vorläufig Abstand genommen worden, weil die Übungen, wie bisher, in der Turnhalle des Kgl. Gymnasiums abgehalten werden können; doch ist zur Unterbringung der beim Turnen im Freien nötigen Geräte ein kleiner Schuppen vorgesehen. Die Abortanlage der Schüler befindet sich in einem besonderen Gebäude und ist für Abfuhr der Auswurfstoffe eingerichtet, da die von der Stadt in Aussicht genommene Kanalisierung noch nicht zur Ausführung gelangt ist. Dagegen haben die im Direktorwohnhause und die im Unterrichtsgebäude untergebrachten Aborte der Lehrer schon jetzt Wasserspülung erhalten.
Das dreigeschossige Schulhaus enthält acht Klassen, zwei voneinander getrennte Räume für den physikalischen und den chemischen Unterricht nebst einem Raum zur Unterbringung der Apparate, eine zugleich auch für vereinigten Unterricht dienende Gesangsklasse, einen geräumigen Zeichensaal mit anschließendem Modellraum, die Aula, das Konferenzzimmer nebst Kleiderablage, das Amtszimmer des Direktors, ferner Räume für die umfangreiche Lehrerbücherei und für Lehrmittel, sowie die Wohnung des Schuldieners (Abb. 3 u. 5). Außerdem stehen im Dachgeschoß einige für die Aufstellung von Sammlungen ausgebaute Räume zur Verfügung.
Die Geschoßhöhen betragen im Keller 2,50 m, in den oberen Geschossen des Schulgebäudes 4,30 m; im Direktorwohnhause 3,80 und 3,50 m. Die Aula hat eine lichte Höhe von rund 6 m.
Das Gebäude ist in mittelalterlichen Architekturformen auf Stampfbetonfundamenten in Ziegelrohbau von Ziegeln großen Formats errichtet und mit Mönch- und Nonnensteinen eingedeckt (Abb. 2 u. 4). Für die Außenflächen sind Handstrichsteine verwendet worden. Die Kellerräume und Flurgänge des Erdgeschosses und des ersten Stockwerks sind gewölbt. Im übrigen sind trägerlose Hohlsteindecken (im Erdgeschoß und ersten Stock Bauart Westphal) und Balkendecken (im zweiten Stockwerk und im Direktorwohnhause) zur Anwendung gekommen. Die Aula und die Physikklasse haben Stabfußboden erhalten, die Eingangflure sind mit Tonfliesen belegt, alle übrigen Räume des Klassengebäudes haben Linoleumbelag.
Die beiden Stockwerktreppen sind aus Kunststein mit Eiseneinlage und Schutzkante gefertigt und mit Linoleum belegt.
Die Verbindung nach den im Dachgeschoß liegenden Sammlungsräumen wird durch eine hölzerne Nebentreppe vermittelt. Die Fenster sind in allen zum längeren Aufenthalt dienenden Räumen als Doppelfenster hergestellt. In den Klassen sind durch Anbringung von Quadrantusbeschlägen die oberen Flügel zum Aufkippen eingerichtet.
Der Schulsaal ist 1,80 m hoch mit Holz bekleidet, dessen Füllungen ebenso wie die Türen zum Teil gestochene Flachornamente aufweisen. Die Decke ist durch die profilierten Unterzüge und einige sichtbar gebliebene Balken geteilt. Das den Schülern zugekehrte Aulafenster ist mit reicher Kunstverglasung ausgestattet, wofür die Mittel durch eine Spende ehemaliger Schüler aufgebracht sind. Zur Erwärmung des Klassengebäudes dient eine Niederdruckdampfheizung, an die auch die Wohnung des Schuldieners angeschlossen ist; außerdem sind in einzelnen Räumen, wie im Amtszimmer des Direktors und im Konferenzzimmer, noch Kachelöfen aufgestellt. Die Lüftung der Klassenräume erfolgt durch Abluftkanäle, die im Dachboden ausmünden. Die Entlüftung der Aula wird durch zwei über den Kronleuchtern angebrachte Öffnungen in der Decke bewirkt, von wo die Abluft nach dem Dachreiter abgeführt wird.
Das Gebäude ist an die städtische Gas- und Wasserleitung angeschlossen. Die Entwässerung erfolgt nach einer Klärgrube und von hier aus mittels Sickerschächten in die etwa 6 m Tiefe lagernde Kiesschicht. Das Tagewasser wird oberirdisch abgeleitet. Bei der freien und hohen Lage des Gebäudes war die Anordnung einer Blitzableiteranlage nicht zu entbehren.
Der Bau ist im August 1907 in Angriff genommen und im Oktober 1909 seiner Bestimmung übergeben worden. Die Baukosten einschließlich der sächlichen Bauleitungskosten sind auf 215000 Mark veranschlagt, wovon auf das Klassengebäude 160200 Mark, auf das Direktorwohnhaus 33300 Mark, auf die Nebenanlagen 21500 Mark entfallen. Für ein Kubikmeter umbauten Raumes ergibt sich beim Klassengebäude wie auch beim Direktorwohnhaus ein Einheitspreis von rund 15,90 Mark. Hierzu treten noch die auf 20 500 Mark veranschlagten Kosten der inneren Einrichtung.
Der Vorentwurf ist im Ministerium der öffentlichen. Arbeiten aufgestellt worden. Die Ausarbeitung des ausführlichen Entwurfs erfolgte durch den Lokalbaubeamten Baurat Jahr, dem auch die Bauausführung unterstellt war. Die örtliche Bauleitung lag in den Händen des Regierungsbaumeisters Lehmann.“
Quellen:
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- Tablica Pamiętkowa z okazji nadania imienia Tadeusza Kościuszki szkole podstawowej nr 3 w Chełmnie, in: Anna Soborska-Zielińska, Chełmińskie pomniki i tablice pamiętkowe, Chełmno 2001, S. 120
- Chełmno na starej pocztówce / auf alten Postkarten, Chełmno 2000, S. 170 ff
- Zentralblatt der Bauverwaltung Nr. 64 (1910), S. 423