Wanderung Chełmno – Kałdus – Jezioro Starogrodzkie

Feldweg vom Dorf Kałdus zum Lorenzberg (Góra Św. Wawrzyńca)

Ganz in der Nähe der Stadt Chełmno befand sich am Lorenzberg (poln. Góra Św. Wawrzyńca), der rund einen Kilometer nordwestlich des Dorfes Kałdus liegt, eine frühmittelalterliche Siedlung, die vor über fünfzehn Jahren intensiv von Archäologen erforscht worden ist. Heute ist von den Ausgrabungen am Lorenzberg, der zudem ein Naturschutzgebiet bildet, nichts mehr zu sehen.

Die wichtigsten Erkenntnisse, die die Forschungsarbeiten geliefert haben, finden Sie im 2005 verfassten Beitrag Archäologische Ausgrabungen am Lorenzberg (Kałdus). Hinweistafeln auf Polnisch vermitteln Besuchern vor Ort nähere Informationen.

Wenn Sie den leichtesten Weg zu Fuß vom Markt in Chełmno nach Kałdus und weiter zum Lorenzberg wählen möchten, empfehle ich Ihnen die Route entlang der Ulica Grzegorza Gorczyckiego durch Uść:

Nach einer Besichtigung des Lorenzbergs, von dem aus man bei gutem Wetter eine schöne Aussicht auf das Weichseltal hat, haben Sie die Wahl, dieselbe Strecke wieder nach Chełmno zurückzugehen oder dem landschaftlich interessanten – wenn auch etwas anspruchsvollen – gelben Wanderweg hinab zum etwa 50 Höhenmeter tiefer liegenden See „Jezioro Starogrodzkie“ zu folgen. Von dort aus können Sie dann über den grünen Wanderweg das Nahrerholungsgebiet am Jezioro Starogrodzkie mit Badestrand und der Europäischen Jugendbegegnungsstätte Kurt-Schumacher-Haus erreichen.

Da am Lorenzberg die Abzweigung zum gelb markierten Wanderweg nicht gut zu erkennen ist, habe ich eine kleine Wegbeschreibung mit am 31.10.2015 entstandenen Fotos (können durch Klick aufs Bild vergrößert werden) vorbereitet. Nähere Erläuterungen finden Sie bei den einzelnen Bildern. Der „Einstieg“ zum gelben Wanderweg liegt links hinter den blauen Schildern ungefähr auf Höhe des roten Schildes, das Sie im Hintergrund sehen.

Die Strecke führt bergab durch den Wald. Ab und an sind typische Markierungen an den Bäumen aufgemalt, also ein gelber Strich auf weißem Grund. Der Wanderweg ähnelt hier eher einem Trampelpfad.
Das Gelände ist ziemlich abschüssig, was man auf den Fotos nicht unbedingt sieht. Der Boden ist sandig und uneben, nach Regen auch an manchen Stellen matschig.
Trotz der vielen Blätter kann man den Verlauf des Wegs gut erkennen. Im Sommer ist es übrigens viel schwieriger, sich zu orientieren, weil der Pfad stark zuwächst.
Links sieht man bereits den See, der hier noch ein ganzes Stück unterhalb liegt. Ich schätze den Höhenunterschied zwischen Lorenzberg und See auf ca. 50 m (bei einer Strecke von ca. 700 m).
Am Seeufer angekommen, muss man das Bächlein im Vordergrund überqueren. Nun hat man die Wahl: Nach rechts kann man weiter dem gelben Wanderweg folgen, der durch den Wald in Richtung Chełmno führt. Dazu muss man aber zunächst wieder steil den Berg hoch.
Wem das zu anstrengend ist, der kann geradeaus den einfacheren „grünen“ Wanderweg nehmen. Dieser führt von dieser Stelle aus ziemlich nah am Seeufer entlang und endet am Naherholungsgebiet mit Badeanstalt in der Nähe der Europäischen Jugendbegegnungsstätte Kurt-Schumacher-Haus
Der grüne Wanderweg – Blick nach Norden. Links am Baumstamm ist eine typische Markierung aufgemalt (grüner Balken auf weißem Untergrund). Der Weg führt fast direkt am Ufer entlang.

Wenn Sie sich für den grünen Wanderweg am Seeufer entlang entschieden haben, verlassen Sie am südlichen Ende des Naherholungsgebiets den Wald. Rechts werden Sie die Jugendbegegnungsstätte sehen und links den Bereich des Sees, in dem man im Sommer baden kann.

Von der Jugendbegegnungsstätte aus führt ein Asphaltweg zur Straße (Ulica Gen. Jastrzębskiego), an der ein neuer Gehweg verläuft, auf dem Sie durch ein bewaldetes Gebiet und am neuen Friedhof vorbei zurück in die Altstadt gehen können.

Archäologische Ausgrabungen am Lorenzberg (Kałdus)

Seit einigen Jahren rückt Culm (poln. Chełmno) wegen einer südwestlich der Stadt beim nahe gelegenen Dorf Kałdus entdeckten Siedlung aus dem frühen Mittelalter immer mehr ins Blickfeld der Historiker. Die Existenz eines Siedlungsbereichs am dortigen Lorenzberg (poln. Góra Św. Wawrzyńca) war schon seit über 120 Jahren bekannt, jedoch kommen erst heute Archäologen der Universität Toruń (Thorn) unter der Leitung von Prof. Dr. Wojciech Chudziak, die seit 1996 den rund 15 ha großen Bereich nach und nach untersuchen, zu Erkenntnissen, die von vielen als sensationell bezeichnet werden. Diese Siedlung, die als Vorgänger der heutigen Stadt Chełmno gilt, war wahrscheinlich eines der wichtigsten Verwaltungs- und Wirtschaftszentren des jungen polnischen Staats zur Zeit der Piasten. Die Piasten waren ein Herrschergeschlecht, das dem westslawischen Stamm der Polanen entstammte. Unter ihrer Führung gewann etwa ab dem Jahr 960 im Raum Gnieźno (Gnesen) / Poznań (Posen) ein Herzogtum an Bedeutung, das 966 nach der Taufe Mieszkos I. (ca. 935 – 992) in einem zunehmenden Spannungsverhältnis zu benachbarten heidnischen Stämmen stand. Mieszko I. gelang es durch die Annahme des römisch-katholischen Glaubens seine politische Stellung zu festigen und unter anderem durch Kreuzzüge sein Herrschaftsgebiet in nördliche Richtung auszudehnen.

Durch die jüngst bei Kałdus durchgeführten Ausgrabungen wurden Hinweise auf die Christianisierungsbemühungen im Bereich der späteren Stadt Chełmno während dieser Epoche sichtbar. An der Stelle einer vormals großen heidnischen Siedlung, die durch ihre Lage an wichtigen Verkehrswegen eine große Bedeutung für den Handel hatte, begann man nämlich in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts eine frühromanische Basilika zu errichten. Nach der Freilegung der bis zu einem Meter hohen, steinernen Grundmauern dieser nie vollendeten Kirche mit einer Länge von ca. 37 m und einer Breite von rund 17 m konnte man feststellen, dass diese von Größe und Anlage her mit den Kathedralen in Poznań und Gnieźno vergleichbar war. Prof. Chudziak schließt nicht aus, dass dieses Gotteshaus der Einrichtung eines Bistums dienen sollte. Mit Sicherheit sollte sie eine wesentliche Rolle bei der Christianisierung dieses Landstrichs spielen. Durch einen Einfall der heidnischen Pruzzen, die sich in den dreißiger Jahren des 11. Jahrhunderts gegen die christlichen Herrscher erhoben, zu einem nicht genau feststehenden Zeitpunkt auch die Siedlung bei Kaldus brandschatzten und dieses Gebiet bis zum 13. Jahrhundert kontrollierten, wurde ein Weiterbau der Kirche jedoch verhindert.

Einen weiteren Hinweis auf die herausragende Rolle des frühmittelalterlichen Chełmno spielt ein großflächiger Friedhof mit über 1500 Gräbern, die auf eine zahlreiche Einwohnerschaft unterschiedlicher Herkunft schließen lassen. Die Archäologen der Universität Toruń entdeckten unter anderem fünf Grabkammern, deren Konstruktion und Ausstattung davon zeugen, dass in ihnen Skandinavier beigesetzt worden sind. Prof. Chudziak geht davon aus, dass sich die Wikinger im Weichselgebiet zunächst vor allem als Händler betätigten und im Laufe der Entwicklung des Piastenstaates auch im Weichselgebiet ihre Dienste als Krieger anboten oder sogar Verwaltungsfunktionen übernahmen. In der Siedlung bei Kałdus lebte zur Piastenzeit eine größere Gruppe von Personen skandinavischer Herkunft als Nachbarn der einheimischen Slawen.

Bereits heute gilt als erwiesen, dass hier, in Sichtweite der heutigen Stadt Chełmno, im 11. und 12. Jahrhundert eine der größten befestigten Siedlungen an der unteren Weichsel lag, deren Einwohnerzahl erst sank, als 1233 südwestlich in geringer Entfernung die Gründung der Stadt Chełmno durch den Deutschen Orden im Bereich des heutigen Dorfes Starogród erfolgte. Am Lorenzberg verblieb ein Potterberg genannter Wachposten, der die junge Stadt sichern sollte. Für die Zeit vom 14. bis 17. Jahrhundert finden sich keine archäologischen Spuren mehr. Ende des 16. Jahrhunderts entstand eine Holzkapelle, zu der Pilgerfahrten unternommen wurden. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts verfiel die Kapelle jedoch und wurde abgerissen.

Die Universität Toruń will die Ausgrabungsarbeiten, die unter anderem vom Versicherungsunternehmen Allianz finanziert werden, noch über viele Jahre fortführen. Es gibt Pläne, am Lorenzberg ein Freilichtmuseum einzurichten, um diese historische Stätte zu sichern und die Ergebnisse der Forschungen der Öffentlichkeit besser präsentieren zu können. Aus finanziellen Gründen hat dieses Projekt jedoch noch keine konkreten Formen angenommen.

Quellen:

  • Góra z tajemnicą, Czas Chełmna, 11.07.2003
  • Jesteśmy potomkami wikingów, Gazeta Wyborcza-Toruń 18.06.2004
  • Pod Świętym Wawrzyńcem, Biuletyn Komitetu Badań Naukowych “Sprawy Nauki”, Wydanie 2004/5 (21.05.2004)

Wissenschaftliche Literatur zum Thema – Reihe Mons Sancti Laurentii:

  • Chudziak, Wojciech, Wczesnośrednio- wieczna przestrzeń sakralna in Culmine na Pomorzu Nadwiślańskim, ISBN 83-231-1648-2, 198 Seiten, 2003
  • Chudziak, Wojciech (Red.), Wczesno- średniowieczny zespół osadniczy w Kałdusie. Studia przyrodniczo-archeologiczne, ISBN 83-231-1751-9, 315 Seiten, 2004

Weitere Fachliteratur über Kałdus:

  • Chudziak, Wojciech: Wikingerzeitliche Spuren des skandinavischen Brauchtums in Kałdus (Ostpommern) in: Archäologisches Korrespondenzblatt 33 (2003), 145-156
  • Chudziak, Wojciech: Wczesnośredniowieczne groby komorowe z Kałdusa pod Chełmnem na Pomorzu Wschodnim [Frühmittelalterliche Kammergräber aus Kaldus bei Chelmno in Ostpommern] in: Slavia Antiqua 42 (2001), 63-96, dt. Zusammenf.
  • Chudziak, Wojciech: Pierwsza katedra biskupów kujawsko-pomorskich. O badaniach archeologicznych w Kałdusie pod Chełmnem [Die erste Kathedrale der kujawisch-pommerellischen Bischöfe. Über archäologische Forschungen in Kaldus bei Chelmno] in: Pomerania. Miesięcznik Społeczno-Kulturalny 10/1998, 18-22
  • Chudziak, Wojciech: The early Romanesque building from Kałdus, voivodeship of Toruń – chronology and function, in: Quaestiones Medii Aevi Novae 4 (1999), 197-209
  • Chudziak, Wojciech: Badania wczesnośredniowiecznego zespołu osadniczego w Kałdusie, woj. toruńskie (1997 rok) [Forschungen zum frühmittelalterlichen Siedlungskomplex in Kaldus, Wojewodschaft Torun (1997)], in: Studia z Archeologii, Historii i Geografii Historycznej / Red. Jerzy Olczak. Toruń 1997 (Archaeologia Historica Polona; 6), 291-292.
  • Chudziak, Wojciech: Die Kirche im Burgwall von Kałdus bei Kulm (Chełmno), in: Europas Mitte um 1000, Bd. 1: Beiträge zur Geschichte, Kunst und Archäologie 1. Stuttgart 2000, 511-514.

[Erstveröffentlichung dieses Beitrags: 23.01.2005]