Eines der ersten Modelle der in Chełmno entstandenen Sammlung mit Nachbildungen der Deutschordensburgen im Culmer Land stellt die Burg in Radzyń Chełmiński (deutsche Bezeichnung Rehden) dar. Heute ist dort vom Original nur noch eine Ruine erhalten, die jedoch soweit gesichert worden ist, dass man Kellergewölbe besichtigen sowie auf einen der Ecktürme steigen und von dort eine herrliche Aussicht auf die Umgebung genießen kann. So verhielt es sich zumindest am 11. November 2008 bei einem Familienausflug, auf den sich die folgende Beschreibung bezieht.
Bei näherem Hinsehen erkennt man die beeindruckende Präzision der mittelalterlichen Baumeister. Die Burg in Rehden, heute unmittelbar nördlich der Altstadt des kleinen Städtchens gelegen, bildete eine der mächtigsten Festungen des Deutschen Ordens. Die aus Backstein gebaute Anlage entstand im späten 13. und frühen 14. Jahrhundert an der Stelle eines seit 1234 bestehenden hölzernen Bauwerks und umfasste die Hauptburg sowie Vorburgen im Süden und im Osten. 1410 wurde Rehden von polnisch-litauischen Truppen erobert, aber im folgenden Jahr an den Deutschen Orden zurückgegeben. Ab 1466 gehörte die Stadt zu Polen und die Burg wurde Sitz königlicher Starosten. Während der schwedisch-polnischen Kriege im frühen 17. Jahrhundert wurde sie schwer beschädigt. Aufgegeben wurde sie 1763. Neun Jahre später gewann Preußen infolge der Ersten Teilung Polens die Kontrolle über das Gebiet. Die preußische Verwaltung begann 1780 damit, Teile der Burg abreißen zu lassen, um die gewonnenen Ziegel für den Bau von Wohngebäuden und des Rathauses in Rehden einsetzen zu können.
Erst 1837 stoppte man die bewusste Zerstörung des Bauwerks und begann im weiteren Lauf des 19. Jahrhunderts mit ersten denkmalpflegerischen Maßnahmen, die von 1886 mit 1890 mit Forschungen verbunden wurden. Weitere Arbeiten wurden von 1910 bis 1911 sowie nach dem Zweiten Weltkrieg durchgeführt. Noch nicht näher erforscht worden sind die verschütteten Kellergewölbe des Nord- und des Westflügels. Auf einer der umliegenden Anhöhen vermutet man einen Friedhof mit Gräbern von Ordensrittern.
Schmale Wendeltreppen und enge Gänge verbinden die begehbaren Bereiche der Festung. Beim Rundgang durch die Burg sieht man heute, wie der noch weitgehend erhaltene Südflügel mit einer von außen nicht erkennbaren Betonkonstruktion gesichert worden ist. Über mehrere steile Holztreppen kann man bis auf die Spitze des auf dem Foto ganz unten abgebildeten Turms klettern und, nachdem man sich durch eine enge Öffnung gezwängt hat, die Ruine von oben betrachten.
Je nach Interesse kann man auf dem Burggelände eine halbe Stunde oder auch einen halben Tag verbringen, denn im Detail gibt es sehr viel zu entdecken. Der Eintritt kostet 6,- Zloty pro erwachsene Person. Man kann sich frei auf dem Gelände bewegen. Gefährliche Stellen sind abgesperrt, dennoch sollte man bei einem Familienausflug immer seine Kinder im Auge behalten. Unmittelbar an der Burg gibt es ein kleines Hotel mit Restaurant, das offensichtlich für die Verwaltung zuständig ist, denn dort oder bei einer Besucher einweisenden Person am Burgeingang kann man Eintrittskarten erwerben. Vor dem Hotel gibt es einen recht holprigen Platz, auf dem man sein Auto abstellen kann. Für die Besichtigung empfehle ich festes Schuhwerk und zu kälteren Jahreszeiten warme Kleidung, denn durch die oberen Etagen der fensterlosen Burg pfeift an vielen Stellen ein frischer Wind. Wer sich die unterirdischen Gewölbe näher ansehen will, sollte außerdem an eine Taschenlampe denken.
Die Angaben zur Geschichte der Burg stammen vor allem aus:
Natalia Klimczak, Radzyń Chełmiński – zapomniana potęga Zakonu Krzyżackiego (11.11.2008)
[Erstveröffentlichung dieses Beitrags: 15.11.2008, ergänzt am 17.01.2021]
Ergänzung 20.01.2021:
Mein Besuch in Radzyń Chełmiński liegt viele Jahre zurück. Nach neueren Informationen kann die gegenwärtig coronabedingt für Besucher geschlossene Burg vom 1. Mai bis 30. September von 10.00 bis 18.00 Uhr besichtigt werden. Der Eintritt kostete vor zwei Jahren 8 PLN pro Person, ermäßigt 6 PLN. Aufgrund der anhaltenden Coronavirus-Pandemie könnten auch im Frühjahr/Sommer 2021 die Besuchsmöglichkeiten eingeschränkt sein. Entsprechende Vorschriften können sich kurzfristig ändern.