Kloster

Culm besaß in seiner Geschichte mehrere Klöster. Erhalten geblieben ist jedoch nur eine Klosteranlage im Nordwesten der Altstadt, die von den Straßen ul. Dominikańska, ul. Klasztorna und ul. Biskupia begrenzt wird.

Ihr ältester Teil wurde ab dem 13. Jahrhundert gemeinsam mit der Johannes dem Täufer und Johannes dem Evangelisten geweihten und bis Mitte des 14. Jahrhunderts fertiggestellten Kirche errichtet und zunächst von Zisterzienserinnen genutzt – später, bis 1821, von Benediktinerinnen. Die ältesten Bauwerke, die teilweise auf eine bescheidene Residenz des Deutschen Ordens (Mestwin-Turm) zurückzuführen sind, liegen im nordwestlichen Bereich der Anlage hinter jüngeren Gebäuden aus dem 19. Jahrhundert, die man von der Straße aus sieht.

Kloster in Chełmno

Nähere Informationen über die Geschichte dieses Klosters mit vielen Fotos finden Sie auf der Website moje-chelmno.pl.

Heute befindet sich im Kloster ein von der Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul betriebenes Sozialfürsorgehaus. In der Einrichtung können bis zu 146 Personen wohnen, und zwar 44 geistig behinderte Kinder und Jugendliche, 66 geistig behinderte Erwachsene und 36 Menschen mit chronischen Erkrankungen, die besonderer Pflege bedürfen. Viele Bewohner sind in ihrer Bewegungsfähigkeit eingeschränkt und daher auf eine besondere Fürsorge angewiesen.

Zwar werden durch den Betrieb des Sozialfürsorgehauses auf dem Klostergelände die zahlreichen historischen Gebäude sinnvoll genutzt. Dennoch bereiten unter anderem die Anforderungen des Denkmalschutzes bei der seit vielen Jahren erfolgreich betriebenen Modernisierung besondere Schwierigkeiten, denen sich die Schwestern bei ihrer alltäglichen Arbeit stellen müssen.

Notwendige Renovierungsarbeiten und die laufende Betreuung der Bewohner verursachen hohe Kosten, die nur mit großer Mühe gedeckt werden können. Umso erfreulicher ist die Spendenbereitschaft vieler Menschen aus dem In- und Ausland, die die bemerkenswerte Tätigkeit der Barmherzigen Schwestern unterstützen. So sammelt beispielsweise die Kirchengemeinde St. Antonius aus Hörstel in Nordrhein-Westfalen seit vielen Jahren Sach- und Geldspenden für die Bewohner des Sozialfürsorgehauses in Chełmno. Bisher hat die Kirchengemeinde über 20 Hilfstransporte organisiert, die das Leben der Bewohner sehr erleichtern.

Entwicklung des Sozialfürsorgehauses der Barmherzigen Schwestern in Chełmno bis 1990

In der Klosteranlage im Nordwesten der Altstadt von Chełmno nad Wisłą (Culm an der Weichsel) betreibt die Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul eine wichtige soziale Einrichtung, in der gegenwärtig bis zu 146 pflegebedürftige Menschen betreut werden. In der folgenden Zusammenfassung eines Auszugs aus einer 1998 von Joanna Derebecka-Prause verfassten Diplomarbeit wird die Entwicklung des Sozialfürsorgehauses bis 1990 im Überblick dargestellt.

1.           Geschichte der Kongregation der Barmherzigen Schwestern

A. Frankreich

Die Gründung der Kongregation der Barmherzigen Schwestern im 17. Jahrhundert ist auf den französischen Pfarrer Vinzenz von Paul zurückzuführen, der in die Geistesgeschichte Europas und der Kirche als Begründer gesellschaftlicher und karitativer Tätigkeit einging. Vinzenz von Paul wurde im Jahr 1581 in einer armen Bauernfamilie in Pouy (heutiger Name: Saint-Vincent-de-Paul) im südwestlichen Teil Frankreichs geboren. Die Erfahrungen der Not in seiner Jugendzeit prägten ihn. 1595 trat er ins Priesterseminar in Dax ein und fünf Jahre später wurde er Pfarrer. Nach der Priesterweihe im Jahre 1600 führte er seine theologischen Studien an der Universität Toulouse weiter. 1613 wurde er Lehrer der Söhne von Emanuel Filip de Gondi und Kaplan am Hofe der Königin Margarete de Valois.

Das dortige luxuriöse und sorglose Leben voller Vergnügungen führten ihn eine schwere geistige Krise, die ihn dazu zwang, den Hof der Gondis zu verlassen. Er nahm sodann seine gesellschaftliche Tätigkeit zugunsten der Armen auf und widmeten ihnen seine Energie, seine Erfahrungen und erworbenen Fähigkeiten. Hinsichtlich der fürsorglichen Liebe für die Armen unterschied er zwischen zwei Antrieben: Mitgefühl und Hilfe. Den Antrieb des Mitgefühls darf man aber nicht gleichsetzen mit Mitleid, es ging ihm vielmehr darum, auf der Seite der Armen zu stehen, ihr Sprachrohr zu sein, ihr Schicksal mit ihnen zu teilen[i]. Vinzenz von Paul versuchte, auf die Herrschenden Einfluss zu nehmen, damit sie sich der Probleme der Armen annehmen. Er wollte, dass den armen Menschen ihre Würde wiedergegeben wird.

1617 gründete er in Chatillon die „Bruderschaft und Frauengemeinschaft der Barmherzigkeit“, deren Aufgabe die umfassende Sorge für die Kranken und Armen war. Jede der der Gemeinschaft angehörenden Frauen musste an einem bestimmten Tag Kranke und Arme in ihren Häusern aufsuchen und ihnen Nahrung und notwendige Medikamente bringen[ii]. Die Tätigkeitsfelder erweiterten sich durch die Entstehung neuer Formen der Armut, des menschlichen Leids und der Not schnell. Hinzu kamen die Betreuung verstoßener und armer Kinder, das Schulwesen, die Berufsausbildung und auch die Hilfe für Alte und für Menschen, die durch Kriegseinwirkungen ihr Hab und Gut einbüßten[iii]. Im Jahre 1624 schloss sich Louise de Marillac, eine Pariser Aristokratin, Vinzenz von Paul an. Sie inspirierte und kontrollierte die Tätigkeit der Gesellschaft der Barmherzigen Frauen in Paris. Ihr gelang es, junge Mädchen um sich zu sammeln, die in Paris als Haushaltshilfe für Kranke beschäftigt wurden. Unter ihnen befand sich 1630 Margarete Naseua, die, sich vollkommen ihrer Arbeit für die Armen hingebend, zum „Grundstein“ der späteren Vereinigung wurde. Ihr schlossen sich 1633 drei weitere Mädchen an, die ebenfalls Kranken helfen wollten. Sie bildeten eine Wohngemeinschaft mit Louise de Marillac, lebten und handelten nach gemeinsam aufgestellten Regeln. Am 29. November 1633 fand die erste offizielle Versammlung statt, die den Anfang der Kongregation der Barmherzigen Schwestern bildete.

Diese neue Vereinigung hatte nicht den Charakter eines typischen Schwesternordens. Vinzenz stellte die Regeln für die Barmherzigen Schwestern wie folgt vor: „Sie haben als Kloster die Wohnung der Armen, als Zelle ein Mietzimmer, als Kapelle die Pfarrkirche, als Kreuzgang die Straßen der Stadt und die Krankensäle, als Klausur den Gehorsam, als Gitter die Furcht Gottes und als Schleier die heiligste Einfalt und Demut und als Ordensschwur ihr unerschütterliches Vertrauen in die göttliche Vorsehung“[iv]. Vinzenz von Paul gelang es, in den Ordensregeln das tätige mit dem geistlichen Leben zu verbinden. Die Schwestern verpflichteten sich zu Armut, Reinheit, Gehorsam und dem Dienst am Nächsten. Dieses Ordensgelübde erneuern sie jedes Jahr am 25. März im Andenken an das erste Gelübde Louise de Marillacs vom 25. März 1634. Nach den Grundsätzen des Gründers sollen die Schwestern „gottesfürchtig leben, sorgfältig an ihrer eigenen Vollkommenheit arbeiten und dabei die Übungen des geistlichen Lebens mit den Pflichten der christlichen Nächstenliebe gegenüber den Armen verbinden sowie sich durch Demut, Einfachheit und Barmherzigkeit auszeichnen“[v].

Anfangs besaßen die „Grauen“ (populäre Bezeichnung für die Kongregation) fünf Einrichtungen. Ihre Zahl wuchs systematisch, so dass es 1670 schon 60, im Jahre 1720 über 300 und am Ende des 18. Jahrhunderts 450 Einrichtungen gab. In der französischen Hauptstadt leiteten die Barmherzigen Schwestern die wichtigsten karitativen Einrichtungen, unter anderem das königliche Invalidenhotel, die königliche Armeeschule, ein Krankenhaus für unheilbar Kranke namens Petites-Maisons und Heime für Findelkinder[vi]. Gemäß den vom Ordensgründer aufgestellten Grundsätzen gehörten zu den Pflichten der Schwestern die Fürsorge für Waisenkinder sowie ihre Erziehung. Diese sollte in zwei Richtungen erfolgen, und zwar einerseits als eine moralisch-religiöse Erziehung und andererseits sollte sie Grundfertigkeiten vermitteln[vii]. Dazu gehörten nach Auffassung des heiligen Vinzenz von Paul das Lesen, Rechnen, Nähen sowie Sticken. Darüber hinaus legte er sehr großen Wert auf die Fähigkeit, einen Haushalt führen zu können.

Die Französische Revolution von 1789 setzte der fruchtbaren Tätigkeit der „Grauen“ ein Ende. Die Schwestern wurden vertrieben, gefoltert, ins Gefängnis geworfen und sogar zum Tode verurteilt. Offiziell erlaubte erst Napoleon Bonaparte im Jahre 1800 wieder die Tätigkeit des Ordens. Das 19. Jahrhundert gilt als Phase der Entwicklung der Kongregation über die Grenzen Frankreichs hinaus.

B. Polen

Nach Polen gelangten die Barmherzigen Schwestern jedoch schon 1652 auf die ausdrückliche Bitte der Königin Maria Ludwika Gonzaga, der Gattin des Königs Jan Kazimierz. Die fünfziger Jahre des 17. Jahrhunderts waren in Polen von ständigen Kriegen gekennzeichnet: den Überfällen der Kosaken und Türken, der russischen und ungarischen Armee und auch dem Schwedeneinfall. Die Bevölkerung des Landes dezimierten in dieser Zeit zahlreiche Epidemien. Dieses hatte eine große Armut, eine hohe Sterblichkeitsrate und eine allgemein herrschende Gleichgültigkeit zur Folge.

Um diesen Erscheinungen durch karitatives Handeln entgegenzuwirken, holte die Königin die „Grauen“ nach Polen und sicherte ihnen ihre volle materielle und moralische Unterstützung für ihr Wirken zu. Der Bitte der Königin folgend, sandte Vinzenz von Paul zunächst drei Schwestern nach Warschau: Madeleine Drugeon, Marguerite Moreau und Francoise Douelle. Die ersten Monate verbrachten sie bei der Königin in Łowicz, danach zogen sie jedoch nach Warschau um. Zu den Pflichten der Schwestern in der polnischen Hauptstadt gehörte die Unterbringung der von Seuchen betroffenen Armen im kleinen Krankenhaus „Heiliges Kreuz“, die Pflege der Kranken, die Erziehung von Waisen, die Verteilung der hauptsächlich von der Königin gespendeten Almosen sowie die Einrichtung von sanitären Anlagen. Darüber hinaus pflegten die „Grauen“ zeitweise verwundete Soldaten[viii].

C. Culm / Chełmno

Die Schwestern führten ein heimatloses Leben. Sie zogen gewöhnlich mit dem königlichen Hof nach Grodno, Łowicz, Krakau, Oppeln und Wilna sowie in andere Ortschaften, in die sich die Königin begab. Die Tätigkeit des Ordens wurde im Land so sehr bekannt, dass auch andere Städte sich bemühten, die Schwestern zu sich zu holen. Im Jahre 1692 stellte der Bürgermeister von Culm, Andrzej Schmack, hierfür sein gesamtes Vermögen zur Verfügung. So kamen zwei Jahre später im Auftrag des Bischofs Kazimierz Szczuka die Ordensschwestern in die Stadt Culm[ix].

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