Anna Soborska-Zielińska fasst in einem interessanten Aufsatz mit dem Titel Die deutsche Presse in Culm im 19. Jahrhundert (Prasa niemiecka w Chełmnie w XIX wieku), der am 30. Januar 2009 in der Wochenzeitung Czas Chełmna erschienen ist, Wissenswertes über deutschsprachige Zeitungen zusammen, die in der damals preußischen Stadt herausgegeben wurden. Weitere Informationen lassen sich dem von Horand Henatsch herausgegebenen Buch Kulm an der Weichsel. Stadt und Land im Wechsel der Geschichte 1232-1982, Bremervörde 1982, entnehmen.
Die erste Zeitung in deutscher Sprache wurde vom aus Berlin stammenden Drucker Wilhelm Teodor Lohde (geb. 1811) verlegt, der sich 1830 zunächst in Thorn (Toruń) niedergelassen hatte, dann aber nach Culm zog. Hier wechselte er mehrfach seinen Geschäftssitz. Letztendlich befand sich seine Druckerei in einem Gebäude auf dem Grundstück der heutigen Hauptpost. An der dem Markt zugewandten Seite befand sich das „Römische Hotel“ und im hinteren Bereich die Druckerei Lohdes, die Publikationen sowohl in deutscher als auch polnischer Sprache verlegte, so auch die polnische Zeitung Szkółka Narodowa.
Vom 6. September 1832 bis wahrscheinlich 1865 gab Lohde das Culmer Wochenblatt heraus. Ab 1835 druckte er auch Verfügungen und Bekanntmachungen der preußischen Verwaltung im Kreis-Blatt des Königlich-Preußischen Landraths zu Culm. Dieses Amtsblatt erschien bis in die sechziger Jahre des 19. Jahrhunderts. Wilhelm Teodor Lohde starb am 30. Mai 1873 in Culm. Danach führte sein Sohn Wilhelm die Druckerei weiter.
Lohde erhielt 1848 Konkurrenz, als der aus Thorn stammende Drucker Carl Brandt eine Bücherei in Culm übernahm und diese mit einer Druckerei verband. Am 1. Januar 1849 erschien die erste Ausgabe des Culmer Boten, der auch nach dem Tod Brandts 1893, wenn auch unter verschiedenen Namen, ununterbrochen bis Anfang 1939 herausgegeben wurde. 1862 wurde der Culmer Bote, der sich zunächst bewusst auf lokale Meldungen und die Besprechungen örtlicher Ereignisse beschränkte, um viele Anzeigenkunden zu gewinnen, in Culmer Zeitung und Kreisblatt umbenannt. Diese genoss bei Journalisten in westlichen Landesteilen einen guten Ruf und so lieferte Brandt selbst Zeitungen in Hannover und Göttingen Nachrichten über Ereignisse in Westpreußen und im russischen Teil Polens.
Am 15. Januar 1897, also vier Jahre nach Brandts Tod, übernahm Gustav Goerz die Zeitung, die zu diesem Zeitpunkt 6000 Abonnenten hatte. Nach dem Ersten Weltkrieg und der Wiedererstehung des polnischen Staats, zu dem Culm (poln. Chełmno) seit Januar 1920 gehörte, wurde der Name zunächst in Bote für das Culmer Land und dann in Culmer Zeitung geändert. Die Druckerei wurde in eine GmbH umgewandelt und von Egon Schulz als Geschäftsführer geleitet. Ab 1937 war Erich Huth (Hutt?) Pächter der Zeitung. Die Druckerei befand sich bis 1920 am Markt (Haus Nr. 13) und in der Zwischenkriegszeit an der ul. Grudziądzka 29.
Die relativ wenigen Exemplare der deutschsprachigen Zeitungen aus Culm, die erhalten geblieben sind (die größten Sammlungen in Polen besitzen gegenwärtig die Nationalbibliothek in Warschau und die Bibliothek der Jagiellonen-Universität in Krakau), gewähren einen Einblick in das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben der deutschen Bevölkerung Culms. Interessant sind zum Beispiel Anzeigen, die Rückschlüsse auf das Alltagsleben zulassen, sowie Auseinandersetzungen, die mit der polnischen Presse in nationalen Fragen geführt wurden.
Vielleicht besteht die Chance, dass auch diese Zeitungen im Laufe der nächsten Jahre im Rahmen der Digitalisierung von Periodika in sog. digitalen Bibliotheken allgemein zugänglich gemacht werden.
[Erstveröffentlichung dieses Beitrags: 2. Februar 2009]
Dank Herrn Jürgen Könnecker aus Hohenhameln, der den fast vollständigen Jahrgang der Culmer Zeitung aus dem Jahr 1911 zur Verfügung gestellt hat, konnte ich einen Teil der Ausgaben „digitalisieren“ (Anfertigung einfacher, aber lesbarer Fotos). Sie finden diese in der Kategorie Zeitung.