Ul. Powiśle

Ul. PowiśleDurch eine langgezogene Parkanlage führt die mit Kopfsteinpflaster versehene ul. Powiśle, die einzige Zufahrtsstraße zur Schiffsanlegestelle an der Weichsel. Ihre Länge beträgt rund 900 m. Rechts und links gibt es Zufahrten und Fußwege zu großen Kleingartenanlagen, die ab 1951 im Gebiet zwischen Stadt und Weichsel entstanden sind.


Die ul. Powiśle ist für den Autoverkehr freigegeben, so dass man unmittelbar bis an die Weichsel in der Nähe der Schiffsanlegestelle heranfahren und hier sein Auto abstellen kann.


Entlang der ul. Powiśle wurde 1927 ein Park angelegt, der zunächst Weichselpark genannt wurde. Damals befand sich an der Weichsel noch eine Badeanstalt, so dass ein Interesse an gepflegten Fußwegen in Richtung Fluss bestand.
In der Nachkriegszeit übernahm die örtliche Garnison die Pflege der heute sehr naturbelassenen Parkanlage, so dass diese Ende der sechziger Jahre die Bezeichnung Park der Polnischen Armee erhielt.

Quelle:
Anna Soborska-Zielińska, Parki i ogrody Chełmna, Chełmno 1999, S. 23 (Park im. Wojska Polskiego)

Die Aufnahmen stammen vom 26. April 2008.

Alte Promenade

Alte Promenade in Chełmno
Dezember 2008

Etwas abseits liegend [Standort bei Google Maps], wird von den meisten Touristen der älteste Park in Chełmno/Culm, die 1825 unter dem preußischen Bürgermeister Halmhuber angelegte Alte Promenade, kaum beachtet. Sie befindet sich nördlich der Altstadt, etwa 200 m vom Markt entfernt, und erstreckt sich auf einer Fläche von 3,64 ha von der Ulica Wodna (Wasserstraße) bis zur Ulica Rybacka (Fischerstraße). In den ersten Jahren, als die Bäume noch klein waren, konnte man von hier aus sicherlich einen schönen Ausblick auf die unten im Tal liegende Fischerei (Rybaki), den ältesten Stadtteil Culms, und weiter auf die Weichsel genießen. Gegenwärtig kann man nur während der blätterlosen Zeit des Jahres etwas von der ursprünglichen Aussicht erahnen.

Alte Promenade in Chełmno
Dezember 2008

1880 wurde die Stadtmauer zwischen der Ulica Rynkowa (Marktstraße) und der Ulica Rybacka abgebrochen, um Platz für neue Baugrundstücke entlang der Alten Promenade zu schaffen. Davor entstand, um die Zufahrt zu den neu entstehenden Häusern zu ermöglichen, die schmale Straße An der Promenade (ul. Stare Planty).

In den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts musste der alte Baumbestand gefällt und der Park vollkommen neu gestaltet werden. Die meisten Arbeiten wurden zur Amtszeit von Bürgermeister Stanisław Zawacki durchgeführt.

Quelle:
Anna Soborska-Zielińska, Parki i ogrody Chełmna, Chełmno 1999, S. 13 (Abschnitt „Stary Planty“)

Die Fotos in der Galerie stammen aus den Jahren 2021 und 2022. Im Februar 2024 hat die Stadtverwaltung Chełmno angekündigt, die Alte Promenade in absehbarer Zeit modernisieren zu wollen. Unter anderem soll ein kleiner Spielplatz entstehen. Da diese Grünanlage wie die benachbarte Altstadt unter Denkmalschutz steht, müssen bei Planung und Umsetzung entsprechende Vorgaben beachtet werden.

[Die Fotos entstanden am 6. Dezember 2008. Erstveröffentlichung dieses Beitrags: 19.12.2008; Beitrag ergänzt und mit Fotos aus 2021/2022 versehen am 22.02.2024]

Schacht’schen Anlagen

Südlich und östlich des Sportplatzes erstreckt sich ein bewaldetes Gebiet, dessen amtliche Bezeichnung seit 1920 Słowacki-Park lautet. Bei genauer Betrachtung erkennt man noch die Spuren der planmäßigen Gestaltung dieser heute eher an einen Wald als an eine Parkanlage erinnernden Fläche.

Schacht’schen Anlagen in Chełmno - 2008Seine Entstehung verdankt der Słowacki-Park einer Initiative des seit 1898 in Culm lebenden Arztes Dr. August Schacht, der aus der Stadt einen Kurort machen wollte, in dem sich vor allem Personen mit Lungenerkrankungen erholen sollten. Zwar besaß Culm eine schöne Lage und zahlreiche Sehenswürdigkeiten, jedoch fehlte es an einer wichtigen Voraussetzung. Es gab in unmittelbarer Nähe der Stadt nur wenige Waldflächen. Daher schlug Schacht eine umfassende Aufforstung stadtnaher Bereiche südlich und nördlich der damaligen Wohngebiete vor. Sein Konzept präsentierte er 1906 in der mit einer beachtlichen Auflage (3000 Exemplare) herausgegebenen Schrift Die Anpflanzung größerer Wald- und Verschönerungsanlagen im Stadtgebiete Culm und Gründung eines Culmer Zweigvereins des Verbandes zur Hebung des Fremdenverkehrs in Ost- und Westpreußen einer breiteren Öffentlichkeit. Durch abgestufte Mitgliedsbeiträge wollte er es allen Einwohnern unabhängig von ihren Vermögens- und Einkommensverhältnissen ermöglichen, sich aktiv im Verein zur Hebung des Fremdenverkehrs zu betätigen.

Schacht’schen Anlagen in Chełmno - 2008Die tatsächliche Gründung des Vereins am 4. Juli 1906 und die rasche Entfaltung einer umfassenden Tätigkeit belegen, dass die Pläne Dr. Schachts in Culm positiv aufgenommen worden sind. Dr. Schacht wurde am 7. August 1906 erster Vereinsvorsitzender. Zu seinem Stellvertreter wurde Bürgermeister Komoss gewählt. Das Amt des Schriftführers übte Goerz aus, stellvertretender Schriftführer wurde der Lehrer Albert Rehbein und Schatzmeister ein gewisser Kummer. Bereits am 1. September 1906 kaufte der Verein für 5300 Mark ein erstes Grundstück mit einer Fläche von 17 Morgen. Man begann, Spazierwege anzulegen, Aussichtspunkte zu schaffen, Parkbänke aufzustellen und tausende Bäume zu pflanzen. Weitere Flächen wurden erworben, so dass 1907 im nun 45 Morgen (rund 11,25 ha) großen Park, der zu Ehren des Kaisers offiziell Wilhelmshöhe genannt wurde, 45000 Bäume wuchsen. Die nicht unerheblichen Finanzmittel stammten zum einen aus den Mitgliedsbeiträgen, zum anderen aus Spenden vermögenderer Bürger. Als Schenkungen überließen Einwohner dem Verein beispielsweise Sitzbänke und eine kleine Brücke, die den Zugang über den Bach Fribbe (poln. Browina) zum neuen Park ermöglichte. Der Verein organisierte außerdem Theatervorführungen, deren Erlös zur Finanzierung des neuen Parks eingesetzt wurde.

Während des Ersten Weltkriegs dürfte das Vereinsleben zum Ruhen gekommen sein, denn nach der polnischen Unabhängigkeit musste die neue Verwaltung, die den Park nach dem polnischen Nationaldichter Juliusz Słowacki benannte, umfangreiche Pflegearbeiten vornehmen, um der nach ihrem Begründer auch als Schacht’sche Anlagen bezeichneten Fläche wieder ihren alten Glanz zu verleihen. Ein Parkwächter sorgte dafür, dass die Nutzungsordnung eingehalten wurde. So war es verboten, im Park Blumen zu pflücken, Pilze zu suchen und zu reiten.

Schacht’schen Anlagen in Chełmno - 2008 - Gedenkstein für Rehbein und SchachtIn dieser Zeit betreute den Park die Towarzystwo Przyjaciół Chełmna (Gesellschaft der Freunde Culms), die im Mai 1929 zu Ehren Dr. Schachts, der nach dem Krieg die Stadt verlassen hatte, sowie des Lehrers Rehbeins einen Gedenkstein errichtete, der die polnische Inschrift trug:

Park ten założył
lekarz Dr. Schacht
r. 1906
a upiekszył nauczyciel
Rehbein
1906-1917
[Tow. Przyj. Chełmna 1929]

Schacht’schen Anlagen in Chełmno - 2008 - Gedenkstein für Rehbein und SchachtÜbersetzt bedeutet dies:

Diesen Park legte
der Arzt Dr. Schacht
im Jahr 1906 an
und der Lehrer
Rehbein verschönerte ihn
von 1906-1917
[Gesell. d. Freunde Culms 1929]

Der im Laufe der Jahrzehnte beschädigte Gedenkstein wurde 1996/1997 erneuert. Damals wurde auch sein Standort leicht verändert. Er befindet sich jetzt etwa 50 m östlich der Zufahrt zum Sportplatz. Heute nicht mehr vorhanden ist der unterste Teil der Inschrift „Tow. Przyj. Chełmna 1929”.

Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es keine Organisation mehr, die den Słowacki-Park ständig betreute. Im Rahmen sog. Subbotniks, also vorgeblich freiwilliger und unbezahlter Arbeitseinsätze der Bevölkerung, wurde das Gelände gepflegt. Aus dieser Zeit dürften die Geländer an den noch gut erhaltenen Treppen sowie die Brüstung der im Sommer 2008, als die hier präsentierten Fotos entstanden sind, wegen Baufälligkeit gesperrten Brücke stammen.

Schacht’schen Anlagen in Chełmno - 2008An manchen Stellen erkennt man noch Fundamente gegenwärtig nicht mehr vorhandener Parkbänke. Im Großen und Ganzen hat der Park seine ursprüngliche Bedeutung völlig verloren. Relativ abseits gelegen, wird er nur von wenigen Spaziergängern genutzt. Ein Ziel des von Dr. Schacht 1906 vorgestellten Konzepts ist jedoch erreicht worden. Zwar hat sich die Stadt nicht zu einem Kurort entwickelt, jedoch mit dem verwilderten Park einen Stadtwald erhalten, der angesichts der ständig wachsenden Wohngebiete für kommende Generationen sicherlich einen wertvollen Naherholungsraum darstellen wird.


Quellen:
Anna Soborska-Zielińska, Parki i ogrody Chełmna, Chełmno 1999, S. 19-21 (Park Słowackiego)

Anna Soborska-Zielińska, Obelisk pamiątkowy poświęcony założycielowi Parku Słowackiego doktorowi Schachtowi i nauczycielowi Rehbeinowi, in: Chełmińskie pomniki i tablice pamiętkowe, Chełmno 2001, S. 51-53

[Erstveröffentlichung dieses Beitrags: 28.12.2008]

Gedenkstein auf evangelischem Friedhof

Am 5. August 1995 wurde auf dem Gelände des ehemaligen evangelischen Friedhofs ein Gedenkstein enthüllt, der folgende Aufschrift in deutscher und polnischer Sprache trägt:

Gedenkstein evangelische Gemeinde Chełmno (Culm) - Foto: September 2018ZUM GEDENKEN AN DIE HIER SEIT GENERATIONEN RUHENDEN DER EVANGELISCHEN GEMEINDE
RUHET IN GOTT
KULM AUGUST 1995

Unterhalb des Gedenksteins befindet sich eine Steinplatte mit der ebenfalls zweisprachigen Inschrift:

EHEMALIGE EINWOHNER DER STADT KULM UND DES KULMER LANDES

Lage des evangelischen und des jüdischen Friedhofs in ChełmnoDie Enthüllung des nach einem Entwurf von Horand Henatsch und Jerzy Kałdowski angefertigten Gedenksteins wurde von einem umfangreichen Programm begleitet, an dem Vertreter der Stadt Culm (Chełmno), der niedersächsischen Partnerstadt Hann. Münden sowie ehemalige deutsche Einwohner von Culm teilnahmen. Zunächst fand ein ökumenischer Gottesdienst in der Dominikanerkirche (Peter- und Paulskirche) statt. Danach erfolgte die offizielle Begrüßung der Gäste im Rathaus durch den Culmer Bürgermeister Piotr Mittelstaedt. Das Wort ergriffen ebenfalls Horand Henatsch als Vertreter der ehemaligen deutschen Bewohner Culms sowie Armin Hoffarth, der Bürgermeister von Hann. Münden.
Jerzy Kałdowski berichtete über die Geschichte des evangelischen Friedhofs in Culm.
Dieser wurde östlich der Altstadt 1785 auf einer von König Friedrich II. gestifteten Fläche angelegt und während seiner 160 Jahre dauernden Nutzung mehrfach in Richtung Süden erweitert. In seiner Spätphase reichte er von der ul. Dworcowa bis zur al. 3 Maja und nahm ab 1904 auch die Fläche des heutigen Spielplatzes zwischen al. 3 Maja und Stadtmauer ein. Über dem Haupttor zum Friedhof an der ul. Dworcowa befand sich die Inschrift „Eingang zur Ruhe“. Bestattungen fanden bis 1945 statt. Danach verwilderte der Friedhof. Im Zeitraum 1947-1950 wurde der Entschluss gefasst, den Friedhof vollkommen zu beseitigen. Die Gräbsteine wurden entfernt, die Friedhofsmauer an der Westseite sowie an der ul. Dworcowa abgebrochen. 1951 wurde schließlich ein Park angelegt, für den sich nach der Aufstellung des Rydygier-Denkmals in seinem Nordteil allgemein die Bezeichnung Rydygier-Park einbürgerte.

Quellen:

  • Czacharowski, Antoni (Hrsg.), Atlas historyczny miast polskich, Tom I, Prusy Królewskie i Warmia, Zeszyt 3 Chełmno [Historischer Atlas polnischer Städte, Band I, Königliches Preußen und Hochstift Ermland, Heft 3 Kulm], Toruń 1999
  • Soborska-Zielińska, Anna: Chełmińskie pomniki i tablice pamiątkowe, Chełmno 2001, S. 194 ff. (Kamień upamiętniający dawny cmentarz ewangelicki)
  • Soborska-Zielińska, Anna: Parki i ogrody Chełmna, Chełmno 1999, S. 23 (Park Rydygiera)

[Erstveröffentlichung dieses Beitrags: 28.09.2008]

Stelen in Neuer Promenade – Geschenke von Arnold Ruhemann und Wolfgang Geiger

In der Neuen Promenade (poln. Nowe Planty), der sich in der Nähe des Graudenzer Tores an der Wehrmauer erstreckenden Parkanlage, befinden sich auf der Fläche nördlich des Springbrunnens zwei kunstvoll gefertigte Stelen, die 1893 von zwei seinerzeit prominenten Einwohnern der Stadt Culm gestiftet worden sind. Von der Schenkung zeugen Inschriften in deutscher Sprache, die sich jeweils am Sockel jeder Stele befinden. Diese Dekorationselemente erkennt man bereits auf alten Postkarten der Neuen Promenade.

Stele in der Neuen Promenade in Chełmno - Geschenk von A. Ruhemann

Die eine Stele trägt die noch gut erkennbare Inschrift Geschenk des A. Ruhemann. Gestiftet wurde sie vom Bankier Arnold Ruhemann, der in einer Familie jüdischer Herkunft am 20. November 1836 in Culm geboren wurde. Bereits sein Vater Wolff war als Kaufmann in Culm ansässig und betrieb einen Baustoff- und Saatguthandel.

Verlobung Arnold Ruhemanns 1866 in Culm an der WeichselSeit dem 13.09. 1847 besuchte Arnold Ruhemann das Königlich Katholische Gymnasium in seiner Heimatstadt. Sein Name ist aber nicht im Verzeichnis der Abiturienten dieser Schule aufgeführt. In der Ausgabe der in dieser Zeit dreimal wöchentlich erscheinenden Zeitung Nadwiślanin vom 13. April 1866 findet man eine Anzeige Arnold W. Ruhemanns. Er gibt seine Verlobung mit Fräulein Henryeta Lehmann aus Stargard bekannt. Der Bankier gehörte viele Jahre lang der Stadtverordnetenversammlung an und übte auch das Amt ihres Vorsitzenden aus. 28 Jahre lang war er Mitglied der St. Trinitatis-Schützengilde. Er verstarb am 25. Mai 1895 im Alter von 58 Jahren in Culm und wurde auf dem örtlichen jüdischen Friedhof beigesetzt, der später während der NS-Zeit vollständig zerstört worden ist.

Stele in der Neuen Promenade in Chełmno

Die andere Stele ist ein Geschenk des Brauereidirektors Wolfgang Geiger. Davon zeugt die noch gut leserliche Inschrift Geschenk des W. Geiger. Er stammte aus dem Raum Landshut in Bayern und arbeitete dort für eine kleine Brauerei. Danach ging er anderthalb Jahre lang auf Wanderschaft und stieß schließlich in Culm auf seinen bayerischen Landsmann Aloys Höcherl sen., der seit 1859 als Braumeister für den Rittergutsbesitzer Ruperti in der Gutsbrauerei im wenigen Kilometer von Culm entfernten Grubno tätig war. 1874 machte Höcherl sich selbständig und kaufte mit seiner Frau eine stillgelegte kleine Brauerei in der Stadt Culm, die sich als Höcherlbrauerei über die Jahrzehnte zu einem bedeutenden Bierproduzenten entwickelte.

Stele in der Neuen Promenade - gestiftet von Wolfgang Geiger


Aloys Höcherl sen. stellte Wolfgang Geiger als erste Hilfskraft in seiner eigenen Brauerei an der Bischofsstraße (ul. Biskupia) an. Bereits 1884 verstarb der Brauereibesitzer im Alter von nur 54 Jahren. Zu dieser Zeit hatte die Höcherlbrauerei bereits eine erhebliche regionale Bedeutung erlangt und war für ihre Biere mehrfach ausgezeichnet worden. Dank der 1883 fertig gestellten Schienenstrecke nach Kornatowo und den Anschluss der Stadt an die Weichselstädtebahn wurde die Voraussetzung für eine Ausweitung des Absatzgebiets der Brauerei geschaffen. Die Höcherlbrauerei konnte so ihre Biere beispielsweise auf Ausstellungen in Danzig (Gdańsk), Königsberg (Kaliningrad), Köln und Paris präsentieren.

Stiftung Wolfgang Geigers - Stele in der Neuen Promenade in Chełmno

Nach dem Tode des Brauereigründers übernahm zunächst seine zehn Jahre jüngere Frau Anna die Geschäftsführung und verstand es, den Umsatz durch geschickte Werbung weiter zu steigern. Langfristig sollte ihr Sohn Aloys Höcherl jun. die Leitung des Betriebs übernehmen. Wenige Jahre nach dem Tod ihres Mannes heiratete Anna Höcherl ein zweites Mal, und zwar den mittlerweile zum Braumeister und technischen Leiter der Brauerei aufgestiegenen Wolfgang Geiger. Er verhalf gemeinsam mit seiner Gattin Anna Höcherl-Geiger, die weiterhin für die kaufmännische Leitung zuständig war, der Brauerei zu einem kräftigen Wachstum. Nachdem Aloys Höcherl jun. sich entschieden hatte, das elterliche Unternehmen nicht übernehmen zu wollen, wandelte die Familie die Brauerei 1896 in eine Aktiengesellschaft um. 1897 wurde der Betrieb für 3,4 Mio. Mark an das Dresdner Bankhaus Arnhold verkauft. Kaufmännischer Direktor wurde Gustav Sauter. Wolfgang Geiger wurde zum technischen Direktor ernannt. Aloys Höcherl jun. und Franz Höcherl, die Söhne des Firmengründers, die mittlerweile in Danzig-Oliva wohnten, wurden in den Aufsichtsrat berufen. Anna Höcherl-Geiger zog sich aus dem Geschäftsleben zurück. Sie verstarb 1902.

Todesanzeige Wolfgang Geiger

Über Wolfgang Geiger liegen mir für die weiteren Jahre leider keine näheren Informationen vor. Nach der Eingliederung Culms in den neu erstandenen polnischen Staat im Jahr 1920 wurde die Höcherlbrauerei als Aktiengesellschaft unter der Bezeichnung Browary Chełmińskie Tow. Akc. weitergeführt. Die beiden Söhne des Firmengründers, nämlich Franz und Aloys jun., gehörten zunächst weiterhin dem Aufsichtsrat an. Wolfgang Geiger hat wahrscheinlich die ganzen Jahre über in Culm gelebt. Am 24. Januar 1925 erschien in der polnischen Tageszeitung Słowo Pomorskie eine Todesanzeige mit folgendem Wortlaut:

Nach langem Leiden verstarb, mit den heiligen Sakramenten versehen, am 20. Januar 1920 der langjährige Direktor unserer Brauerei Wolfgang Geiger im Alter von 77 Jahren. Die Beerdigung findet in Chełmno (Culm) am Freitag, den 23. Januar 1925, um 2.30 Uhr nachmittags statt.
Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren!
Browary Chełmińskie Tow. Akc. Chełmno
Aufsichtsrat – Direktion – Mitarbeiter

Am 29. Januar 1925 würdigt dieselbe Tageszeitung in einer kurzen Meldung mit folgenden Worten den Verstorbenen:

Die Stadt verliert einen loyalen Bürger und die örtlichen Armen einen freigiebigen Wohltäter. Die Philanthropie der Familie Geiger ist im ganzen Culmer Land bekannt. Der aus Bayern stammende Wolfgang Geiger kam vor etwa 20 Jahren nach Culm, wo er sich niederließ und eine Polin heiratete. Das prächtige Begräbnis, mit dem er gewürdigt wurde, zeugt davon, dass er viele Freunde nicht nur unter seinen Landsleuten, sondern auch unter der örtlichen polnischen Bevölkerung hatte.

Betrachtet man diesen kurzen Artikel, scheint es möglich zu sein, dass Wolfgang Geiger nach dem Tode von Anna Höcherl-Geiger erneut geheiratet hatte.

Stelen in der Neuen Promenade in Chełmno - 2008
Anordnung der Stelen in der Neuen Promenade – Foto vom 31. Mai 2008


Quellen:

  • Anna Soborska-Zielińska, Z dziejów gminy żydowskiej w Chelmnie (From the history of Jewish community in Chełmno), Chełmno 2007, S. 21 f, 114
  • Joseph Funcke, Die Höcherlbrauerei in Culm a. d. Weichsel, in: Westpreußen-Jahrbuch, Band 33, Münster 1983, S. 147-155

[Erstveröffentlichung dieses Beitrags: 09.06.2008]

Neue Promenade

Die Neue Promenade (poln. Nowe Planty) genannte Parkanlage entstand in den Jahren 1834-1835 während der Amtszeit von Bürgermeister Lauterbach nördlich des Graudenzer Tores an der Stelle eines Grabens, der der Stadtmauer vorgelagert war und mit ihr in früheren Zeiten ein Verteidigungssystem bildete. Eine besondere Zierde bildete eine noch während der Amtszeit Lauterbachs, der bis 1848 an der Spitze der Stadtverwaltung stand, geschaffene Laube in Form eines griechischen Tempels mit acht Säulen.

Neue Promenade in Chełmno im September 2005

Der 5,8 ha große Park erstreckt sich bis zur ul. Wodna und umfasst auch die Steilhänge an der Gnadenkapelle in Richtung ul. Kamionka. Mit der Pflege der Neuen Promenade befasste sich ursprünglich der anlässlich der Schaffung des Parks gegründete Verschönerungs-Verein, dem 1837 bereits 41 Mitglieder angehörten. Er war viele Jahrzehnte lang tätig und zählte 1864 125 Mitglieder. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts, nämlich 1890, engagierten sich 146 Personen im Verschönerungs-Verein Culm. Während der Zwischenkriegszeit übernahm Dr. Rediger, der Direktor des Mädchengymnasiums, die Betreuung der Neuen Promenade. Er entwarf unter anderem eine Sonnenuhr aus Blumen. Seit Anfang der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts widmet die Stadtverwaltung der Parkanlage besondere Aufmerksamkeit und überrascht jedes Jahr Einwohner und Gäste mit völlig neu gestalteten Blumenteppichen.
Der Park besitzt drei Hauptwege. Der östlichste führt neben dem Grab des unbekannten Soldaten über eine lange Treppe in eine talförmige Senke, in der sich die Gnadenkapelle befindet.

Die beiden anderen Hauptwege fassen eine gärtnerisch schön gestaltete Grünfläche ein. Gleich unterhalb des Graudenzer Tors befand sich seit 1880 ein Springbrunnen, der bis 1990 erhalten blieb. Im August 2005 konnte dank einer Spende von Romuald Hejna ein neuer Springbrunnen (weitere Ausführung nach vollständiger Beschädigung im Jahr 008), der dem historischen Vorbild nachempfunden ist, geschaffen werden.

Nördlich des Springbrunnens stehen zwei kunstvoll gefertigte Stelen, die 1893 von zwei seinerzeit prominenten Einwohnern der Stadt Culm, nämlich Arnold Ruhemann und Wolfgang Geiger, gestiftet worden sind.

Der westlichste Hauptweg des Parks liegt unmittelbar an der Stadtmauer und ermöglicht einen Spaziergang vom Graudenzer Tor am Dominikanerturm vorbei bis zur ul. Wodna. Durch einen Durchbruch in der Stadtmauer kann man einen Blick in die ul. Rycerska werfen. Unmittelbar an der Stadtmauer, die an dieser Stelle erst vor kurzem umfassend erneuert worden ist, wurden alle Büsche und Bäume entfernt, damit diese dem historischen Bauwerk keine neuen Schäden zufügen können.

Neue Promenade - September 2005

Der mittlere Hauptweg führt bis zu einem Aussichtspunkt, von dem aus man einen herrlichen, wenn auch durch die wachsenden Bäume immer mehr eingeschränkten, Ausblick auf das Weichseltal und die Culm gegenüber liegende Stadt Schwetz genießt. Hier wurde vom Verschönerungs-Verein am 9. Juli 1892 ein heute nicht mit vorhandener Gedenkstein mit der Inschrift Bürgermeister Lauterbach schuf diese Anlagen 1834 aufgestellt. 1927 wurde er erneuert und nun mit der polnischen Inschrift – einer wortwörtlichen Übersetzung des ursprünglichen Textes – Park ten założył burmistrz Lauterbach w roku 1834 versehen. Ein weiterer Gedenkstein würdigte seit 1902 die Verdienste des 1900 verstorbenen Culmers Ludwig Schmidt, der sich mit großem Engagement der Pflege der Neuen Promenade gewidmet und dafür 1898 sogar die Ehrenbürgerschaft der Stadt Culm erhalten hatte. Auch dieser Gedenkstein ist nicht mehr erhalten.
In der Nähe des Aussichtspunkts befindet sich eine Stelle, die seit dem späten 19. Jahrhundert bis in die siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts für die Veranstaltung von Konzerten genutzt wurde.


Quelle:
Anna Soborska-Zielińska, Parki i ogrody Chełmna, Chełmno 1999, S. 14 ff (Nowe Planty)

[Erstveröffentlichung dieses Beitrags: 22.01.2008; ergänzt um weitere Fotos am 10.01.2021]